Notarzt: Studie zum System- und Fertigkeitseinsatz

24. Juli 2020

Das Studienteam Prause, Orlob, Auinger, Eichinger, Zoidl, Rief und Zajic nahmen das Notarztsystem in Österreich am Beispiel Graz unter die Lupe. Denn die stetig wachsende Zahl der Notarztanforderungen und der geringe Anteil indizierter Einsätze führen zum Attraktivitätsverlust des Notarztdienstes, was sich vielerorts bereits  durch nichtbesetzbare Notarztdienste bemerkbar macht. Mit der nun vorliegenden retrospektive Analyse wurde die Häufigkeit notärztlicher und medizinischer Maßnahmen in einem bodengebundenen Notarztsystem näher beleuchtet.

Die Daten stammen aus der Datenbank des Notarztstützpunkts LKH Univ.-Klinikum Graz. Dabei wurden laut der Studie die von Notärzt*innen zwischen 2010 und 2018 absolvierten Einsätze extrahiert, durchgeführte Maßnahmen evaluiert und je nach Schwierigkeitsgrad in 3 Kategorien aufgeschlüsselt:

  1. spezifische notärztliche Maßnahmen (Kategorie I),
  2. allgemein-medizinische Maßnahmen (Kategorie II),
  3. keine ärztliche Tätigkeit (Kategorie III).

Die Häufigkeiten des Auftretens dieser Kategorien zwischen den Jahren wurden verglichen und Inzidenzen einzelner Maßnahmen pro 100.000 Einwohner errechnet.

Zum Ergebnis: Im Beobachtungszeitraum wurden 15.409 Primäreinsätze und 322 Sekundärtransporte extrahiert und analysiert. Die jährliche Einsatzrate stieg beinahe kontinuierlich von 1442 Einsätzen 2010 auf 2301 Einsätze 2018. Bei 3687 (23,4 %) Stornierungen kam es zu 12.044 Patientenkontakten. Insgesamt wurden 2842 (18 %) Einsätze der Kategorie I, 7371 (47 %) Einsätze der Kategorie II sowie 5518 (35 %) Einsätze der Kategorie III verzeichnet. Die Häufigkeit für notärztliche Maßnahmen kann daher auf 157/100.000 Einwohner, die medizinischer Maßnahmen auf 409/100.000 Einwohner geschätzt werden.

Die Studienautoren vertreten folgende Schlussfolgerung: „In einem Großteil aller Alarmierungen ist keine spezifisch notärztliche Maßnahme erforderlich. Somit erscheint das aktuelle Modell der präklinischen Versorgung nicht patientenorientiert und effizient. Der niedrige Anteil kritisch kranker bzw. schwer verletzter Patientinnen und Patienten führt bereits merkbar zum Attraktivitätsverlust bei den Notärzten und auch zu einer drohenden Qualitätsproblematik durch zu geringe Einsatzerfahrung und fehlendem Training.“

Zum Zeitschriftenbeitrag

Quelle:
Zeitschrift „Der Anaesthesist“, Zeitschrift für Anästhesie, Intensivmedizin, Notfall- und Katastrophenmedizin, Schmerztherapie (Link)