Rückblick auf das 10. ÖGERN Symposium 2022
Beim heurigen 10. Jubiläums-Symposium stand der Rettungsdienst und 20 Jahre Sanitätergesetz im Fokus. Etwa 110 Personen reisten zur Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg und lauschten den Referent:innen vor Ort. Zusätzlich nutzten etwa 90 Personen die Online-Teilnahmemöglichkeit, die durch unseren Techniker Armin Fauland bestens aufbereitet wurde. Im Rahmen der Eröffnungsworte ging Vorsitzender Michael Halmich auf die Entstehungsgeschichte der ÖGERN ein. In der Gründungssitzung 2013 wurde festgelegt, jährlich ein Symposium abzuhalten, was bis dato – Dank der regen Nachfrage und Teilnahme – problemlos möglich war. Im Anschluss übernahm stv. Vorsitzender Stefan Koppensteiner die Moderation und führte durch den Nachmittag.
Block 1
Der erste Block stand unter dem Thema 20 Jahre Sanitätergesetz. Eröffnet wurde dieser Block von Claudia Schwarz vom Bundesverband Rettungsdienst (BVRD.at). Sie berichtete, wie sich die Anforderungen im Rettungsdienst in den letzten Jahren verändert haben und dass es jedenfalls höchste Zeit für Veränderungen ist. Vor allem unterstrich sie die Notwendigkeit der Qualifizierung von Sanitäter:innen hin zu einem modernen Berufs- und Tätigkeitsbild mit entsprechender Ausbildungstiefe. Über die Initiative Zukunft Rettungsdienst, der sowohl der BVRD.at als auch die ÖGERN angehören, wird auch ein Austausch mit dem Bundesministerium für Gesundheit vorgenommen. Im zweiten Referat ging Jurist Michael Halmich der Frage nach, welche rechtlichen Unterschiede zwischen einer beruflichen und einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Rettungsdienst bestehen. Conclusio war, dass im Haftungsrecht für beide ein gleicher Sorgfaltsmaßstab gilt, die Berufs- und Tätigkeitspflichten ident sind und eine berufliche und ehrenamtliche Tätigkeit in einer Rettungsorganisation parallel möglich ist, einige Besonderheiten jedoch zu beachten sind. Im dritten Referat stellte Rechtsanwalt und Notfallsanitäter Maximilian Burkowski den Berufsschutz für Sanitäter:innen anhand von zwei Entscheidungen der Höchstgerichte dar, unterzog diese Entscheidungen einer kritischen Würdigung und stellte zur Diskussion, durch welche Maßnahmen in Zukunft Berufssanitäter:innen einen Berufsschutz erhalten können.
Block 2
Der zweite Block war gekennzeichnet von aktuellen Entwicklungen in der Präklinik. Den Anfang machte ÖGERN-Vorstandsmitglied und Notarzt Klaus Hellwagner. Er ging auf die Indikation zum Notarzteinsatz ein und stellte – nach einem historischen Überblick – u.a. das aktuelle Positionspapier der Anästhesie-Fachgesellschaft ÖGARI, bei dem der Referent selbst mitgewirkt hat, vor. Dabei wurde diskutiert, bei welchen Szenarien ein:e (Notfall)Sanitäter:in durchaus alleine tätig werden kann und ab wann die Beiziehung notärztlicher Unterstützung unumgänglich ist. Anschließend stellte Chefarzt im Roten Kreuz NÖ Berndt Schreiner das Projekt „Telenotarzt“ vor und präsentierte, wie Sanitäter:innen (als auch junge Notärzt:innen) am Einsatzort Unterstützung erhalten können. Auslöser für die Implementierung des Projektes war die COVID-Pandemie, in welcher zu Beginn der/die Notärzt:in nicht immer direkt zu den Patient:innen vordringen konnte. Hier diente ein:e Sanitäter:in als Schnittstelle. Der Ausbau des Projektes in NÖ wird vorangetrieben, v.a. die Finanzierungsfrage ist noch nicht gelöst. Im dritten Referat trat ein Duo auf und stellte das Projekt der Acute Community Nurse (ACN) vor. Christoph Holzhacker von NOTRUF NÖ gab Einblicke in das Pilotprojekt und die Ausrollung auf weitere zehn Standorte in NÖ bis 2027. Die ACN sollen u.a. zur Verbesserung der Versorgungsqualität durch „Trouble-Shooting“ insbesondere an Tagesrandzeiten, nachts und an Wochenenden bzw. Feiertagen zum Einsatz kommen und zudem eine Reduzierung von Ambulanzkontakten und Hospitalisierungen durch Einsatz / Pflege / Behandlung im häuslichen Umfeld in Akutsituationen ermöglichen. Die Co-Referentin Petra Kozisnik war bei der Gesundheit Österreich GmbH tätig und hat dort u.a. das Projekt der ACN wissenschaftlich begleitet. Sie fasste die Ergebnisse der Forschung zusammen und betonte die Besonderheit der Nutzbarmachung zweier Berufsbilder (Pflege, Rettungsdienst). Die prozesshafte Vorgehensweise im Einsatz führt u.a. dazu, dass z.B. chronisch kranke und ältere Menschen mit multiplen Versorgungsproblemen und/oder palliativem Bedarf von dieser Versorgungsform profitieren.
Block 3
Im dritten Block wurden diverse rechtliche Themen im Rettungsdienst vorgestellt. Erster Referent war Jurist und Notarzt Marco Leonardelli. Er ging auf rechtliche Themen im Rahmen eines telemedizinischen Einsatzes ein. Dabei behandelte er den therapeutischen Unmittelbarkeitsgrundsatz aus rechtlicher Perspektive und ob dieser durch eine Fernbehandlung beeinträchtigt sei. Weiters ging er auf Vorteile durch die Nutzung von Telemedizin im Rettungsdienst ein. Spitalsjurist Leopold-Michael Marzi vom AKH Wien, der kürzlich aufgrund seiner langjährigen wissenschaftlichen Arbeit zum Medizinrecht den Berufstitel Professor erhielt, stellte seinen juristischen Notfallkoffer vor. Dieser habe sich im AKH Wien bewährt. Ein unbürokratischer Zugang zu Jurist:innen im Schadensfall hilft, Auswirkungen von Haftungsfällen eingrenzen zu können. Der juristische Notfallkoffer wäre auch im Rettungsdienst gut einsetzbar. Zu guter Letzt referierte Jurist und Sanitäter Michael Prunbauer von der NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft zum neuen Sterbeverfügungsgesetz. Er stellt das Berichts- und Meldesystem der Öst. Palliativgesellschaft ASCIRS vor, gab einen kleinen Einblick in bisherige Meldungen und diskutierte mit den Teilnehmenden aktuelle Auswirkungen eines assistierten Suizids auf den Rettungs- und Notarztdienst.
Mit gewohnter Zeitdisziplin konnte Moderator Stefan Koppensteiner pünktlich das Symposium um 18.30 Uhr schließen. Ein besonderes Danke gilt einerseits Armin Fauland (Techniker) und Maximilian Burkowski (Online-Chatmoderation) sowie andererseits der ÖGERN-Crew (Verena Bader, Erika Halmich, Christina Halmich, Florian Halmich und Clemens Ullrich). Zu guter Letzt wird unseren finanziellen Unterstützern gedankt:
- Land Salzburg (Abt. Kultur und Wissenschaft)
- Stadt Salzburg (Abt. Soziales, Abt. Kultur, Bildung und Wissen)
- Educa-Verlag
- Ärzteservice Dienstleistung GmbH
Nun wird am Tagungsband gearbeitet, der im Februar 2023 erscheinen wird. Bis dahin kann der Tagungsband aus 2022 zum Vertiefen empfohlen werden.
Am 10. November 2023 tagen wir erneut – die Örtlichkeit ist noch nicht festgelegt!
Für das ÖGERN-Team grüßt,
M. Halmich